2001 - Dr. Christian Pinter - Artikel

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Dr Christian Pinter
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Ein wenig zu spät gekommen

Vor kurzem bin ich auf meinen allerersten Artikel gestoßen - der allerdings nie in Druck ging. Thema war Stanley Kubricks legendärer Film "2001 - Odyssee im Weltraum".

Als der Streifen in Österreich 1968 anlief, war ich gerade einmal neun Jahre alt und an Weltraumthemen bereits interessiert. Meine Eltern nahmen mich ins Gartenbau-Kino am Wiener Ring mit, das damals als bevorzugter Ort für Filmpremieren galt. Vor allem die Szenen mit dem eigentümlichen Monolithen (untermalt zumeist von seltsamem Chorgesang) hatten sich bei mir eingeprägt. In Folge wachte ich des Nachts mehrmals auf, immer in der Angst, der schwarze Monolith würde plötzlich in meinem Kinderzimmer auftauchen.

Als Student der Politikwissenschaft habe ich "2001" wieder gesehen. Damals besuchte ich gerade die Vorlesung von Professor Karl Ulmer über das Werk Friedrich Nietzsches. Und plötzlich schien es mir, als hätte Kubrick einen Teil von Nietzsches Philosophie in seinem filmischen Meisterwerk illustrieren wollen. Heute lässt sich via Websuche leicht feststellen, dass auch andere diese Theorie teilen - es gibt aber verschiedenste Interpretationen, die nicht weniger plausibel sind.

Damals waren mir derartige Recherchen natürlich nicht möglich. Also schrieb ich Mr. Kubrick persönlich. Leider muss die Post in Santa Monica sehr schlecht funktioniert haben, denn ich bekam nie Antwort. Jedenfalls fasste ich meine Gedanken im Jahr 1979 zusammen und tippte meinen ersten Artikel in die Schreibmaschine, eine Art Filmkritik. Mit Herzklopfen trug ich, noch nicht 20 Jahre alt, die Blätter zum Pressehaus in Wien-Döbling. Dort waren damals die Redaktionen der Tageszeitung "Die Presse" untergebracht. Selbstverständlich erhoffte ich mir den Abdruck meines Erstlingswerks.

Die Redakteure der Kulturredaktion waren sehr freundlich. Einer der beiden nahm sich tatsächlich die Zeit, meine Filmkritik zu lesen. Gespannt beobachtete ich seine Reaktion. "So in etwa hätten wir das auch geschrieben", meinte er schließlich, "allerdings nicht erst elf Jahre nach der Premiere!".

Seither weiß ich, wie wichtig Aktualität im Journalismus ist. Meine Filmkritik wurde nicht gedruckt, aber dafür schlug ich Jahre danach für eins meiner fünf Rigorosen einen kritischen Vergleich zwischen Machiavelli und Nietzsche vor - zwei Philosophen, die sich intensiv mit dem Thema "Macht" beschäftigt haben. Und "2001" ist mein Lieblingsfilm geworden.

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